Neues aus der Welt der digitalisierten Augenoptik

Onlinehandel und Digitalisierungsstrategien sind auch in der Augenoptik keine Unbekannten - wenn gleich auch die "Konkurrenz" aus dem Internet aufgrund des seit Jahren gleichbleibend eher überschaubaren Marktanteils die wenigsten Augenoptiker in Angst und Nöte versetzt. Immer mal wieder gibt es aber neue digitale Angbeote, die dann doch so manchen Kollegen zumindest aufhorchen lassen. Und das zu Recht, denn die Entwicklungen im Blick zu behalten schadet nicht.

Klar, das Thema ist nicht brandneu – Onlinehändler gibt es nun schon lange; virtuelle Brillenanprobe – auch schon gehört. Und zumindest ein Videozentriersystem nutzen auch viele stationäre Augenoptiker. So digital, so gut. Bisher ist die Konkurrenz aus dem Internet und die Frage, ob der echte Augenoptiker irgendwann durch Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt wird, noch nicht so bedrohlich. Aber nun kündigen gleich verschiedene Unternehmen aus der Branche auf diesem Gebiet Neues an – und da könnte man doch einen genaueren Blick riskieren.

Schon seit einiger Zeit ist die "Vision 2025" des Unternehmens Fielmann bekannt. Genannt sei in diesem Zusammenhang nur z.B. Fitting Box. Außerdem, so ist gerüchteweise zu hören, stehe ein Online-Sehtest in den Startlöchern. Auch ein anderes Unternehmen bietet nun auch ein Stück mehr Digitales an: "Revolution im Augenoptik-Markt: pro optik eröffnet ersten Onlineshop mit qualifizierter Liveberatung", so die Überschrift einer am 25. Januar 2021 veröffentlichten Pressemeldung des Unternehmens. "Micha S. Siebenhandl, CEO von pro optik: 'pro optik zeichnet sich von jeher durch das außergewöhnliche Know-how seiner Experten in den Fachgeschäften in ganz Deutschland aus. Mit unserem neuen Onlineshop ist es gelungen, diese Expertise auch online zu bieten, nämlich immer dann, wenn der Kunde Unterstützung beim Konfigurationsprozess benötigt oder Fragen zum Produkt hat. Unser System routet die Anfrage dann zu einem freien Experten in einer Filiale in Deutschland'", heißt es weiter. Immerhin, online sei ausschließlich die Konfiguration von Einstärkenbrillen möglich.

Einen Schritt weiter geht es bei brillen.de. Aktuell sucht das Unternehmen nach Interessierten, die den neuen Digital Service Hub nutzen möchten. Der Service ruht auf drei (digitalen) Säulen: einer Remote-Refraktion, einer Video Chat-Funktion und einer Beratung durch KI. Was heißt das? Bei der Refraktion werde ein Augenoptikermeister über einen Bildschirm in das Digital Service Hub geschaltet. Und während der eine Kunde noch refraktioniert wird, kann ein anderer Kunde einen Mitarbeiter per Video-Chat erreichen. Bei allen übrigen Schritten, vom Check-In bis zur Kalkulation des optimalen Glases für die Kunden, helfe Künstliche Intelligenz weiter.

"Das Digital Service Hub können Sie mit nur einem Mitarbeiter betreiben! Dazu digitalisieren wir gerne auch Ihr bestehendes Geschäft - so werden noch mehr Personalressourcen geschaffen", so heißt es in einer Anzeige des Unternehmens. Ein Schelm, wer hinter dem Ausdruck, es würden Personalressourcen geschaffen, einen Euphemismus für anderes vermutet.

Es drängen sich in Anbetracht solcher Angebote alte und neue Fragen auf: Sind das „bloß“ logische Weiterentwicklungen bereits bestehender Angebote wie Onlineshops, Online-Brillenanprobe, aber auch der in der Praxis nahezu überall eingesetzten Videozentriersysteme? Sollten sich Optiker Sorgen machen, wenn doch ein einziger Optiker ausreiche… Heißt es also demnächst mal mindestens „Bye bye Geselle“? Stehen solche Angebote in Einklang mit der Meisterpräsenz und den Arbeits- und Qualitätsrichtlinien für das AO-Handwerk?

Eine Einschätzung der Berufsstandsvertretungen steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch aus, wird aber folgen. Auch wir bleiben an dem Thema dran. Bis dahin interessiert uns Ihre Meinung! Schreiben Sie uns an info@optikernetz.de. Wir sind gespannt, was Sie zu dem Thema sagen.