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Hörgeräte und Brillen nicht zwingend Arbeitsmittel?

LSG Berlin-Brandenburg urteilt: Ein Sturz auf dem Weg zum Hörgeräteakustiker ist nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung…
8. März 2022

LSG Berlin-Brandenburg urteilt: Ein Sturz auf dem Weg zum Hörgeräteakustiker ist nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt, wenn das Hilfsmittel nicht ausschließlich zur Arbeit nötig ist.  

Konkret geht es um folgenden Fall: Die Klägerin arbeitet als Fahrerin bei der Bahn und ist auf das Tragen eines Hörgeräts angewiesen. Mit dem Arbeitgeber wurde vereinbart, dass sie während der Arbeit immer ihr Hörgerät trage und auch stets Ersatzbatterien mit sich zu führen habe. Im Sommer 2019 arbeitete die Klägerin in der Spätschicht, als ihre Hörgeräte ausfielen und sie die Batterien wechseln musste. Am folgenden Tag ging sie zu ihrem Hörakustiker, um sich neue Ersatzbatterien zu besorgen. Anschließend wollte sie direkt wieder zur Arbeit gehen. Auf dem Weg zum Akustiker verunfallte sie.

2020 entschied das Sozialgericht Potsdam, der Versicherungsschutz durch die gesetzliche Unfallversicherung greife in diesem Fall.

Gegen dieses Urteil hat die zuständige Unfallkasse Berufung eingelegt. Dieser wurde stattgegeben: Persönliche Gegenstände wie Hörgeräte oder Brillen zählten, so das Urteil, grundsätzlich nicht zu Arbeitsgeräten, deren (Ersatz-)Beschaffung versichert sei, wenn diese nicht ausschließlich für die Arbeit genützt würden.

Im Urteil heißt es: „1. Ein Gegenstand ist grundsätzlich nur dann ein Arbeitsgerät, wenn er objektiv für die Verrichtung der versicherten Tätigkeit geeignet ist und für die versicherte Tätigkeit gebraucht wird. Persönliche Gegenstände wie Hörgeräte und Brillen gehören grundsätzlich nicht zu den Arbeitsgeräten.

2. Es steht nicht im Belieben des Arbeitgebers, durch arbeitsvertragliche Begründung von Nebenpflichten den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf objektiv nicht versicherte Verrichtungen zu erweitern. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die vertraglich statuierte Nebenpflicht in ihrer objektiven Nützlichkeit für den Arbeitgeber nicht über die den Arbeitnehmern allgemein obliegende Verpflichtung hinausgeht, funktionsfähig und soweit möglich unter Kompensation persönlicher Einschränkungen oder Behinderungen zum Dienst zu erscheinen, etwa ein im privaten Bereich verordnetes Hörgerät zu tragen.

3. Der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung für vorbereitende Tätigkeiten ist grundsätzlich auf diejenigen Verrichtungen beschränkt, die das Gesetz selbst ausdrücklich nennt. Sonstige typische Vorbereitungshandlungen sind grundsätzlich nicht versicherte eigenwirtschaftliche Tätigkeiten, die dem privaten Risikobereich des Versicherten zugeordnet sind. Ausnahmen hiervon gelten nur dann, wenn ein besonders enger sachlicher, örtlicher und zeitlicher Bezug zur versicherten Tätigkeit gegeben ist, der die Vorbereitungshandlung nach den Gesamtumständen selbst bereits als Bestandteil der versicherten Tätigkeit erscheinen lässt.“ LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 10.2.2022, L 3 U 148/20

Wegen der Bedeutung der Sache hat das LSG die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

 

Quelle: optikernetz.de

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