Am Wochenende wurde durch verschiedene Medien bekannt, dass Ärzte Fördermaßnahmen in Form von Verkaufsschulungen erhalten, um individuelle Gesundheitsdienstleistungen (IGeL) besser an den Mann bzw. Patientinnen und Patienten bringen zu können. Jetzt schlägt‘s dreizehn, war der erste Gedanke, der nicht nur so manch einem kritischen Verbraucher durch den Kopf gegangen sein mag. Auch in unserem Bereich des Gesundheitswesens sind IGe-Leistungen nicht unumstritten.
Wie die Tageszeitung Ruhr Nachrichten aktuell schreibt, werden diese Verkaufstrainings bisher vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gefördert. Sie bezieht sich dabei auf einen Bericht der Berliner Zeitung von Montag. Grundlage sei eine Richtlinie zur Entwicklung unternehmerischen Know-hows für kleine und mittlere Betriebe sowie Freie Berufe, so die Aussage einer Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Ziel sei es, den Unternehmen Hilfestellungen bei wirtschaftlichen und finanziellen Fragen der Unternehmensführung zu geben. Damit stehe die Unterstützung auch Ärzten offen, die sich am freien Markt behaupten müssen. Dies enthebe diese aber nicht von ihrer Pflicht, den Patienten nur medizinisch sinnvolle Leistungen anzubieten, betonte die Sprecherin. Aus diesem Grund überprüfe das Wirtschaftsressort derzeit zusammen mit dem Gesundheitsministerium und dem BAFA die bisherige Förderpraxis.
„Ärzte sind keine Kaufleute und deshalb brauchen wir auch keine Verkaufsseminare für Individuelle Gesundheitsleistungen.“ missbilligte Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), das Förderprogramm. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) forderte die Bundesregierung auf, die staatliche Förderung der Ärzteseminare sofort zu stoppen. Daniel Bahr und Philipp Rösler (FDP) hatten die IGeL-Leistungen in der Vergangenheit mehrmals als „sinnvolle Ergänzung“ verteidigt.
Dabei muss man feststellen, dass IGeL zu einer inzwischen gewichtigen Größe im Gesundheitswesen und damit vielleicht schon mehr als einer „sinnvollen Ergänzung“ geworden sind: Laut einer Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK haben die kostenpflichtigen Zusatzleistungen im Jahr 2010 ein Marktvolumen von 1,5 Milliarden Euro erreicht. Demnach wurde mehr als jedem vierten Versicherten (28,3 Prozent) innerhalb eines Jahres eine medizinische Leistung auf Privatrechnung verkauft, folgert die Ruhr Nachrichten. Zu welchem Ergebnis die Überprüfung der Fördermaßnahme durch die Bundesregierung auch immer führen wird – eines ist klar: Augenoptiker können Fort- und Weiterbildung durch öffentliche Mittel bezuschussen lassen. In Nordrhein-Westfalen werden beispielsweise im Rahmen des BildungsSchecks 50 Prozent der Seminargebühren unter bestimmten Voraussetzungen übernommen, der Bund bietet Förderung von betrieblicher Weiterbildung durch die Bildungsprämie an. Optikernetz fragte bei einem großen Seminaranbieter der Branche nach, ob und inwiefern Augenoptiker diese bestehenden Möglichkeiten wahrnehmen. „Gerade bei den Seminaren, die sich mit Marketing, Verkauf und Unternehmensführung und nicht mit augenoptisch-fachlichen Inhalten befassen, stellen wir trotz der Fördermöglichkeiten nur geringes Interesse fest.“ weist Stefan Herburg, Geschäftsführer der AOS Augenoptiker Service GmbH, auf einen Trend hin. Dabei wären doch gerade diese Themen in Zeiten von flauen Geschäften von besonderem Interesse. Ihre Meinung interessiert uns! Schreiben Sie an info@optikernetz.de, nutzen Sie das Optikernetz-Forum oder die Kommentarfunktion!