Die Meldung ging durch die Fachpresse und hat viel Aufmerksamkeit erregt: Mitte März erhielt die erste Optometristin, Kathrin Grah (HWK Düsseldorf), ihre Prüfungsurkunde. Der AOV NRW erhält seitdem zahlreiche Anfragen dazu, was rechtlich zulässig ist, wenn es um die Werbung für optometrische Dienstleistungen geht.
Die ersten Werbeflyer haben bereits den Berufsverband der Augenärzte auf den Plan gerufen, der die darin kommunizierten Werbeaussagen von Augenoptikern über deren optometrisches Angebot beanstandet. Um die Optometrie durch fragwürdige Werbeaussagen nicht in Misskredit zu bringen, hat Dr. Jan Wetzel, Geschäftsführer des ZVA, in Zusammenarbeit mit der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. (Wettbewerbszentrale) eine Reihe von Empfehlungen erarbeitet, die Optometristen beachten sollten, wenn sie für ihre Leistungen werben möchten.
Im Gespräch mit www.optikernetz.de erläutert Dr. Wetzel, worauf es hier ankommt:
Optikernetz: Auf was sollten Augenoptiker bei ihrer Werbung für optometrische Dienstleistungen achten?
Dr. Wetzel: Augenoptiker, die ihre optometrischen Dienstleistungen bewerben wollen, müssen sich zunächst Eines bewusst machen: die meisten Kunden haben keine genaue Vorstellung, was unter „Optometrie“ zu verstehen ist. Deshalb muss die Werbung so gestaltet und formuliert werden, dass die Kunden erkennen, was ihnen angeboten wird. Werden durch die Werbung Fehlvorstellungen hervorgerufen, dann entfällt entweder der Werbeeffekt oder die Werbung wird schnell rechtlich angreifbar.
Optikernetz: Was bedeutet dies konkret?
Dr. Wetzel: Zunächst muss den Kunden klar werden, dass es sich bei optometrischen Dienstleistungen um ein augenoptisches und nicht um ein ärztliches Angebot handelt. Dies gelingt recht einfach, in dem die optometrischen Untersuchungen – die im Einzelnen namentlich auch genannt werden dürfen – in engem Zusammenhang mit „traditionellen“ Angeboten des Augenoptikers gestellt werden…
Optikernetz: … also im Zusammenhang mit der Abgabe von Korrektionsbrillen oder Kontaktlinsen.
Dr. Wetzel: Genau. Kontraproduktiv ist es, wenn Augenoptiker für ihre optometrischen Dienstleistungen mit konkreten Krankheiten wie Glaukom oder AMD werben. Denn bei der Benennung von Krankheiten erwarten viele Kunden eine ärztliche Tätigkeit. Ähnlich verhält es sich mit den Begriffen Vorsorge- oder Vorbeugeuntersuchungen: Selbst die beste optometrische Untersuchung verhindert nicht das Entstehen einer Augenerkrankung.
Optikernetz: Es gibt ja auch hin und wieder die Diskussion, ob Augenoptiker das Wort „untersuchen“ überhaupt verwenden dürfen.
Dr. Wetzel: Das Wort „untersuchen“ ist genauso unverfänglich wie „messen“, „prüfen“ oder „bewerten“. Augenoptiker können diese Wörter selbstverständlich in ihrer Werbung verwenden. Problematisch sind Begriffe wie „Diagnose“, „Therapie“ und „Befund“. Aus Verbrauchersicht sind dies Signalwörter, die eher mit einer ärztlichen Tätigkeit in Verbindung gebracht werden.
Optikernetz: Zur Auflockerung der Werbetexte werden in Flyern Bilder von Messgeräten und „kranken Augen“ verwendet. Was halten Sie davon?
Dr. Wetzel: Es ist völlig in Ordnung, den Kunden bereits in der Werbung die professionelle Einrichtung eines Betriebes zu präsentierten. Anders sehe ich das jedoch bei den Fotos von Krankheiten. Zunächst glaube ich, dass der Werbeeffekt solcher Bilder sehr gering ist. Gleichzeitig können schnell Erwartungen an Art und Umfang der optometrischen Untersuchungen geweckt werden, die ein Augenoptiker nicht erfüllen kann.
Optikernetz: Das Bundesverfassungsgericht verlangt von Augenoptikern, Kunden über Art und Qualität der optometrischen Untersuchungen aufzuklären. Gehört dieser Hinweis in die Werbung?
Dr. Wetzel: Nein, definitiv nicht. Dieser Hinweis kann mündlich unmittelbar vor Beginn der Untersuchung gegeben werden. Die Werbung hingegen muss nur so gestaltet sein, dass Kunden nicht mit falschen Vorstellungen angelockt werden. Deshalb geben wir die Empfehlung: Kombiniert Optometrie mit Brillen bzw. mit Kontaktlinsen.
Optikernetz: In der Umsetzung von Werbeideen müssen Augenoptiker also einiges beachten …
Dr. Wetzel: Es ist in der Tat nicht ganz einfach. Das liegt aber auch in der Natur der Dienstleistungen, die beworben werden. Augenoptiker arbeiten hier an der Schnittstelle zwischen klassischer Augenoptik und Augenheilkunde. Und genau wie Augenärzte können auch Optometristen nur sehr dezent für ihre Angebote werben. Für grelle und schrille Slogans ist hier kein Raum.
Optikernetz: Welchen Rat können Sie abschließend den Augenoptikern geben?
Dr. Wetzel: Augenoptiker sollten sich in der Werbung auch als Augenoptiker präsentieren. Ich empfehle zudem dringend, die Werbetexte und Flyer, den Innungen zur Prüfung vorzulegen, bevor sie in Druck gehen.