„Die augenärztliche Versorgung ist mangelhaft“ so titelte bereits vor eineinhalb Jahren die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Ein Blick in die Regionalzeitungen bestätigt diese Einschätzung: Aktuell werden Augenärzte händeringend gesucht. Eine Lösung für den Ärztemangel ist nicht in Sicht. Dennoch will die Berufsvertretung der Augenärzte (BVA) optometrische Untersuchungen durch Augenoptiker verhindern. Auch wenn Augenoptiker nicht heilkundlich tätig werden dürfen, so könnte mit ihnen die derzeitig schlechte Versorgung zumindest teilweise kompensiert werden.
Ärztemangel?
„Neue Praxen braucht das Land: vor allem Haus- und Augenärzte sind gefragt“ (Ärzte Zeitung, 17.02.2012), „Mosbach fehlt ein Augenarzt“ (Rhein-Neckar-Zeitung, 07.02.2012), „Spätestens Ende 2013 ohne Augenarzt“ (Der Westen, 19.03.2012) oder „Immer weniger Augenärzte – Seh-Not an der Küste“ (Ostfriesen-Zeitung 07.01.2012), so nur einige Schlagzeilen aus den regionalen Zeitungen. Zum Teil wird in der Presse berichtet, Patienten bekämen heute erst für 2013 einen Termin. Von einem Mangel an Augenärzten will hingegen die Kassenärztliche Bundesvereinigung in einer Mitteilung an den ZVA nichts wissen: Insgesamt gebe es 395 Planungsbereiche. In 52 dieser Planungsbereiche gibt es eine Normalversorgung, in 342 eine Überversorgung (hier werden keine weiteren Augenärzte mehr zugelassen) und in einem Planungsbereich, im mittleren Erzgebirgskreis, herrsche Unterversorgung. Zeitungsberichte und die Wahrnehmungen der Patienten, wenn ihnen ein Termin in mehr als sechs Monaten angeboten wird, decken sich nicht mit diesen Zahlen. Demographische Entwicklung
Nicht zuletzt die KGS-Brillenstudie 2011 von Allensbach zeigt, dass aufgrund der demographischen Entwicklung eine Zunahme an Augenerkrankungen zu erwarten ist. Für den Kunden besonders problematisch sind die chronisch degenerativen Augenerkrankungen: Zumindest zu Beginn der Erkrankung hat er keine Beschwerden, wenn Beschwerden auftreten dann ist in aller Regel ein irreparabler Gesundheitsschaden eingetreten. Hier muss schnell gehandelt werden. Dafür müssen schon frühzeitig die Anzeichen einer Erkrankung erkannt werden. Hier setzt die Arbeit der Augenoptiker an. Optometrie
Der Augenoptikermeister verfügt über die Kenntnisse und Fertigkeiten, um „auffällige“ Kunden rechtzeitig an den Augenarzt zur Abklärung, Diagnose und Behandlung verweisen zu können. So muss nach der Augenoptikermeisterverordnung jeder Augenoptikermeister in der Lage sein, „Auffälligkeiten am gesamten Auge“ aufzudecken. Um dies verantwortlich erfüllen zu können, ist es selbstverständlich notwendig, einen ganzen „Strauß“ an optometrischen Untersuchungen anzubieten. So ist die Augeninnendruckmessung ohne eine optometrische Papillenuntersuchung wenig aussagekräftig. Da Wissen bekanntlich erodiert, ist eine regelmäßige Weiterbildung auch für Augenoptiker unerlässlich. Aus diesem Grunde hat der ZVA zunächst einen eigenen, dann auch einen in Zusammenarbeit mit den Handwerkskammern Potsdam und Dresden, Weiterbildungslehrgang zur Optometristin/zum Optometristen (ZVA/HwK) ins Leben gerufen. Auf der Grundlage der Augenoptikermeisterverordnung werden hier alle nötigen optometrischen Kenntnisse aufgefrischt und vertieft. Oberverwaltungsgericht Bautzen
Gegen den Weiterbildungslehrgang hat sich der Berufsverband der Augenärzte (BVA) mit einer Normenkontrollklage an das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen gewandt. Auch wenn vor Gericht die Vertreter des BVA von erblindeten Kunden und von Kindern sprachen, die wegen einer fehlerhaften Prismenbrille vom „Optiker“ operiert werden müssen, so haben die Richter gesehen, dass es den Ärzten doch um eigene wirtschaftliche Interessen und um Konkurrenzschutz geht. Folgerichtig wurde der Antrag abgewiesen. In der Medienmitteilung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. März 2012 heißt es: „Die von den Augenärzten befürchtete Schmälerung ihrer Einnahmen falle weder in den Schutzbereich der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz) noch in den Schutzbereich des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs (Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz). Diese Grundrechte schützten nicht vor unerwünschte Konkurrenz.“ (http://www.justiz.sachsen.de/ovg/download/PM21.03.2012.pdf) Entspannung durch Optometristen
Über die Entscheidung aus Bautzen kann sich der gesamte Berufsstand freuen. Denn der Augenoptiker ist heute die erste Anlaufstelle für gutes Sehen und für gutes Aussehen. Das ist keine leere Worthülse. Der optometrisch arbeitende Augenoptiker kann aufgrund seiner Qualifikation durch eine optometrische Untersuchung erkennen, ob das Sehproblem mit einer Sehhilfe korrigiert werden kann oder ob eine ärztliche Untersuchung angezeigt ist. Seine Aufgabe ist es nicht, Krankheiten zu diagnostizieren. Durch seine Arbeit sorgt er jedoch dafür, dass die Kunden für Augenerkrankungen sensibilisiert werden und dass solche vom Augenarzt tatsächlich auch rechtzeitig erkannt werden können. Auf diesem Wege trägt der optometrisch arbeitende Augenoptiker auch zu einer Entspannung bei den Wartezeiten der Augenärzte bei. Die Augengesundheit der Kunden/Patienten liegt in der Verantwortung von zwei Berufsgruppen: Den Augenoptikern und den Augenärzten. Eine konstruktive Zusammenarbeit sollte selbstverständlich sein.