Auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen mit einer Dauer von mehr als 6 Monaten haben Arbeitnehmer beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis in der zweiten Jahreshälfte einen Anspruch auf Abgeltung des noch nicht genommenen Jahresurlaubs.
Nach den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Einer Zwölftelung unterliegen Urlaubsansprüche nach BUrlG allerdings nur bei Ausscheiden in der ersten Jahreshälfte.
Der aktuelle Fall: Die Arbeitnehmerin war aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrags für ein Jahr im Zeitraum von Mitte August 2012 bis Ende August 2013 bei dem Arbeitgeber als Augenoptikerin beschäftigt. Der dem Streit zugrundeliegende Arbeitsvertrag war sachgrundlos befristet und enthielt folgende Urlaubsregelung: „Die Arbeitnehmerin hat Anspruch auf 13 Werktage Urlaub im Jahr 2012, für das volle Jahr hat sie 30 Tage." Die Gesellin hatte ihren Urlaub für 2012 komplett erhalten. Zu Ende August 2013 hatte sie von dem Urlaub für 2013 nur 17 Tage verbraucht.
Die Parteien stritten nun über die Auszahlung des Resturlaubs. Der Arbeitgeber wollte ihr noch drei Tage auszahlen, weil er der Ansicht war, dass wegen der Befristung des Arbeitsverhältnisses von vorn herein klar war, dass der Arbeitnehmerin wegen des Ausscheidens Ende August nur ein anteiliger Jahresurlaub von 8/12 abzüglich der 17 genommenen Tage zustehen würde (30 Tage / 12 x 8 = 20 Tage; 20 Tage – 17 Tage = 3 Tage). Die Arbeitnehmerin gab hingegen dem Arbeitgeber zu verstehen, dass sie Anspruch besitzt auf eine Urlaubsabgeltung ausgehend von 13 Tagen (30 Tage – 17 Tage = 13 Tage). Hiermit hatte die Arbeitnehmerin auch richtig gelegen!
Das Landesarbeitsgericht Hessen hatte sich schon in einem vergleichbaren Fall geäußert. Es urteilte, dass die Vorschriften des BUrlG auch entgegen der Ansicht des damaligen beklagten Arbeitgebers auch im befristeten Arbeitsverhältnis gelten. Insbesondere differenziere das BUrlG nicht danach, ob ein Arbeitsverhältnis in der ersten bzw. zweiten Hälfte eines Kalenderjahres durch Fristablauf oder Kündigung endet. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass auch das Teilzeit- und Befristungsgesetz bestimmt, dass ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer wegen der Befristung des Arbeitsvertrages nicht schlechter behandelt werden darf als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, sachliche Gründe würden eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Der Ansicht des beklagten Arbeitgebers, dass ein solcher sachlicher Grund in der Natur der Sache, im Wesen der Befristung liege, folgte das Gericht nicht. Dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer muss es wie dem unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer möglich sein, im Kalenderjahr einen vollen Urlaubsanspruch zu erwerben.
Es ist daher sinnvoll, zukünftig in Arbeitsverträgen die Urlaubsregelung explizit aufzuteilen zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub nach BUrlG und dem darüber hinaus gehenden zusätzlich vertraglich vereinbarten Urlaub.