… lautet das Fazit eines Testkaufs der Optikernetz-Redaktion bei einem führenden Online-Anbieter in Deutschland. Dieser hatte vor zwei Wochen durch eine Gutscheinaktion das Interesse vieler Augenoptiker auf sich gelenkt, Optikernetz berichtete.
Es ist Dienstagabend, die Tagesschau ist seit einigen Minuten vorbei. Mit Laptop und Lieblingskissen geht es aufs Sofa. Zum Brillekaufen im Internet. Seit dem letzten Besuch auf der Seite des Anbieters vor einigen Monaten hat sich einiges getan. Auch heute erfolgt der Einstieg durch unverbindliches Stöbern im inzwischen sehr ausgebauten Fassungssortiment. Azetat mit Vollrand soll es sein. Als Branchenkenner, der gerne bei Vor-Ort-Besuchen bei Augenoptikern hin und wieder Fassungen aufprobiert, habe ich die engere Wahl schnell gefunden, darunter auch eine Fassung im Stil der „New Wayfairer“ und eine schmalere Fassung mit dreischichtigem Material.
Wahl der Fassung
Nach einigem Hin und Her war dann die richtige Fassung gefunden. Eine Abbildung mit den wesentlichen Abmessungen gibt hier zusätzliche Sicherheit, wenn man eine ähnliche, passende Fassung zum Nachmessen da hat. Da kein geeignetes Foto zur Hand ist, wird der virtuelle Fassungsberater nicht in Anspruch genommen. Ob sich dies noch „rächen“ wird?
Wahl der Gläser
Der Brillenpass mit den letzten Refraktionswerten ist auch zur Hand. Die Werte können direkt in das Formular übernommen werden. Auf beiden Augen tut es auch eine viertel Dioptrie weniger, da die aktuelle Brille die Ferne inzwischen etwas verschwommen abbildet. Doch nun der erste richtige Stolperstein: Für rechts und links wird die PD benötigt. Und die steht nicht im Brillenpass. Für diesen Fall hat der Anbieter nebst Anleitung eine PDF-Datei parat, die, wenn Sie in Originalgröße auf festem Papier ausgedruckt wird, eine Bastelvorlage für ein PD-Lineal darstellt. 10 Minuten später geht es mit der sorgsam ausgeschnittenen und nachgemessenen (!) Schablone zum Spiegel. Die im Formular voreingestellten Werte 31.5 mm rechts/31.5 mm links werden schon passen.
„Extras“ Wer Prismenkorrektion benötigt, für den ist der Einkauf spätestens an dieser Stelle beendet. Denn Prisma wird nicht angeboten. Dafür aber Tönung ohne Aufpreis. Aus bis zu fünf Kategorien zwischen 10% und 85% Tönung kann man je nach Farbe wählen. Ein Hinweis auf die Eignung zum Führen von Fahrzeugen wird nicht gegeben.
Warenkorb
Nichts vergessen? Dann ab in den Warenkorb. Die beworbenen 39,90 Euro sucht man in der Preisaufstellung vergebens. Vielmehr sieht man zwei Einzelpositionen, welche diese Summe ergeben: Herstellung Najash Ltd. 21,90 EUR: Hierin enthalten sind Brillengestell, Brillengläser (Aufbringen der Hartbeschichtung, Aufbringen der Superentspiegelung, Aufbringen der Clean-Coat-Beschichtung, Aufbringen der Lotuseffekt-Beschichtung), Einschleifen und Einsetzen der Brillengläser, Najash Brillenbox und Najash Mikrofaser-Reinigungstuch. Die Brille kommt also aus Hong Kong. Dienstleistungen der Brille24 GmbH 18,00 EUR: Inbegriffen sind hier Übernahme der 30 Tage Geld-zurück-Garantie [9, 00 EUR], Deutscher Kundenservice [4,00 EUR] (d.h. Kundenhotline zum dt. Festnetztarif, Kundenbetreuung per E-Mail, Zahlungsabwicklung & Weiterleitung) sowie Ausstellung und Versand Brillenpass [5,00 EUR] mit den Punkten Plausibilitätsprüfung der Bestelldaten, Ausstellung offizieller Brillenpass und Versand Brillenpass. Hinzukommen 5,00 EUR für den Versand durch die Najash Ltd. per DHL.
Registrierung
Bis hierhin ist das Stöbern auch für Nichtregistrierte möglich. Doch wer den Einkauf fortsetzen will, muss spätestens jetzt ein Kundenkonto anlegen. Name, Anschrift und E-Mail genügen. Weiter geht es zur Zahlung: Vorkasse, Kreditkarte, PayPal und ClickandBuy werden angeboten. Die Wahl fällt auf Vorkasse. Nun noch in die aufmerksam gelesenen AGB einwilligen und fertig.
Schlussfolgerung zum Einkauf
Es ist viertel nach zehn und der Betrag auf das angegebene Konto überwiesen. Wie doch die Zeit vergeht! Auch wenn während der Bestellung einige zusätzliche Recherchen (Firmensitz des Herstellers, Datenschutz, AGB etc.) angefallen sind: Ein Besuch beim Augenoptiker dauert nicht so lange. Dafür verliefen aufgrund fachlicher Vorkenntnisse bei diesem Testkauf die Fassungssuche und die PD-Messung wesentlich schneller, als von einem fachfremden Verbraucher zu erwarten ist. Internetbrille = Zweitbrille?
Folgendes Argument spricht aus Sicht der Redaktion nach diesem Test klar dafür: Als fachfremder Verbraucher sollte man im Thema „fit“ sein, um sich gezielt durch die Schritte zu navigieren. Der letzte Brillenkauf sollte daher nicht zu lange zurückliegen, damit man nicht ganz von vorn beginnen muss. Nur wer genau weiß, was er will, kommt schnell ans Ziel. Einkaufen im Internet wird häufig mit Schnelligkeit und Bequemlichkeit in Verbindung gebracht. Für den sorgfältigen Einkauf einer Korrektionsbrille muss man trotzdem mindestens zwei Stunden rechnen und viel Aufmerksamkeit mitbringen. Zudem hat die Brille nach Fertigung eine lange Reise vor sich.
Ernst zu nehmende Konkurrenz?
Man sollte die Marktbegleiter im Internet nicht unterschätzen, aber auch nicht überbewerten. Denn beim Thema „Zweitbrille“ kann auch der Augenoptiker vor Ort mit attraktiven Angeboten durchaus einen Kontrapunkt zur Internetbrille setzen und für sich Mehrverkäufe generieren. Dem Internet sollte man hier keine Alleinstellung überlassen.
Übrigens:
Die bestellte Brille ist inzwischen eingetroffen. Ob sie hält, was das Angebot verspricht?
Fortsetzung folgt.