Am 16. und 17. November 2013 findet er wieder statt – der alljährliche Verbandstag des Augenoptikerverbandes NRW. Einer der Referenten wird Ludwig Krinner sein. In seinem Vortrag wird der Augenoptikermeister aus Ergoldsbach in Niederbayern über seine Erfahrungen mit interdisziplinäre Netzwerken in der Augenoptik berichten. Seit Jahren setzt sich Ludwig Krinner für den ganzheitlichen Ansatz in der Augenoptik ein. Für die Leser von Optikernetz stand er schon vor der Veranstaltung für ein Interview zur Verfügung:
www.optikernetz.de: Herr Krinner Sie vertreten die Auffassung, dass Augenoptiker im Alleingang nicht so erfolgreich sein können wie in interdisziplinären Netzwerken. Können Sie unseren Lesern dies bitte erläutern?
Ludwig Krinner: Da wir auf dem "platten Land" arbeiten, wo auch nicht unbedingt ein Augenarzt in direkter Nähe ist, kamen die Kunden nie nur wegen des modischen Outfits zu uns, sondern weil sie Sehprobleme hatten. Zudem hat mich mein Lehrer auch noch als "Prothesenfertiger" erzogen. Ich weiß, dass das antiquiert klingt, hat aber aus meiner Sicht eine Berechtigung. Leider sind Sehhilfen Prothesen auch wenn das niemand hören will. Eine Prothese sollte Mängel lindern ohne neue Beschwerden zu schaffen! Wenn die Prothese nebenbei noch ein modisches Attribut ist, so ist das für mich einfach ein Zusatznutzen! In meinem Bemühen meinen Mitmenschen zu besserem Sehen zu verhelfen, bemerkte ich bald, dass meine Möglichkeiten physikalisch technischer Natur – wie Sie allen Berufsstandskollegen gelehrt werden – an Grenzen stießen.
Glücklicherweise habe ich per Geburt etwas mitbekommen, was ich als "kosmische Bestellung" bezeichne. Immer wenn ich bei einem Fall nicht mehr weiter wußte, durfte ich einen Problemlöser kennenlernen. Das fing bei Heilpraktikern und antroposophisch arbeitenden Ärzten an und ein Ende des Netzwerks ist für mich – auch nach 35 Jahren Tätigkeit – noch nicht unmittelbar in Sicht.
Wenn heute Kunden zu uns kommen, so kommen Sie auf Empfehlung unserer Netzwerkpartner, wir arbeiten auf Termin und haben seit mehr als 15 Jahren Samstags geschlossen ! Das wird von allen Kollegen als absolutes – No Go – bezeichnet aber "it works" !
www.optikernetz.de: Was bringt diese von Ihnen beschriebene Vernetzung den Kunden bzw. Patienten und was bringt sie vor allem den Augenoptikern?
Ludwig Krinner: Immer mehr Menschen haben aus meiner Sicht ein multiples Beschwerdebild, asthenopische Beschwerden – verursacht durch falsche oder unterlassene Korrektionen – werden von den meisten Klienten als gegeben hingenommen. Man hat ja einen Befund wie z. B. "Migräniker", "Bruxer", "Burn-Out-Syndrom", "ADHS" usw. damit ist man kategorisiert und die meisten Menschen geben sich damit zufrieden. Die Lesehilfe holt man sich beim Discounter, da kann man ungestört die Brille probieren mit der ein Text am größten erscheint. Das behebt zwar nicht die Beschwerden, aber "man" weiß ja was einem fehlt.
Dass sich viele Beschwerden mit einer handwerklich guten Versorgung des beidäugigen Sehens wesentlich lindern ließen, dürfen wir ja nicht sagen.
Damit würden wir ja ein Heilungsversprechen geben. Aufgrund meiner Erfahrung aus 35 Jahren Refraktionstätigkeit weiß ich heute fast immer, wie ein Problem anzugehen ist. Sehr häufig werden dann mehrere Netzwerkpartner in die Problemlösung mit einbezogen. Es kommt zum Beispiel ein Klient vom Podoorthesiologen zu uns, weil dieser ein visuelles Defizit vermutete, wir testen stellen eine Sehfehler fest, der durch ein Problem aus Richtung "Craniomandibulärer Dysfunktion" überlagert istund verweisen weiter an einen Osteopathen, der verweist nach Behandlung an den Kieferorthopäden, der in Zusammenarbeit mit dem Podoorthesiologen eine "Relaxschiene" anpasst.
Dann sind wir wieder am Zug und fertigen eine Sehhilfe und alles ist "Paletti" . Keiner der Behandler hätte alleine einen derartigen Erfolg zustande bekommen.
Viele unserer Klienten berichten daher, dass Sie durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit beschwerdefrei wurden. In meiner Heimat sagt man dazu "Dumm gelaufen", wollten wir eigentlich nicht !
Ist aber passiert. www.optikernetz.de: Wo liegt Ihrer Auffassung nach die Zukunft des Augenoptikerhandwerks?
Ludwig Krinner: Nach der Zyklenlehre von Herrn Kondratieff beginnt der nächste wirtschaftliche Boom um 2020 bis 2030. Auslöser werden unter anderem Netzwerke im Gesundheitshandwerk sein. Wir gehören zu dieser Berufsgruppe müssen aber noch lernen, dass wir "Dienstleitung" nicht mit "Serviceleistung" verwechseln, eine bahnbrechende Arbeit dazu wurde von Frau Professor Dr. Schick im Auftrag der WVAO schon vor mehr als zehn Jahren veröffentlicht. Leider wurde diese noch von viel zu wenig Kollegen beachtet. Die Zukunft liegt in meinen Augen nicht darin, dass wir den Status des "Optometristen" anstreben sollten, sondern darin, dass wir uns darauf besinnen, dass das duale System der Ausbildung Handwerk und Optometrie gleichermaßen ermöglicht und dass wir in Deutschland damit einzigartig in der Welt sind !
Eine handwerklich exakt gefertigte Sehhilfe mit der Feinabstimmung auf eine "Achteldioptrie" hat Ihren Preis, wenn man weiß welches "Know How" und welche Qualität dahinter steckt wird man das auch zu würdigen wissen. Dass das nicht für einen Komplettpreis von neunzehn Euro fünfzig geht, versteht auch der "Dümmste".
Wir sollten wieder dazu zurückkehren, dass wir einen der schönsten humanhandwerlichen Berufe haben, die es nach meiner Auffassung gibt und lernen, dass wir nicht Preise sondern "Lebensqualität" verkaufen. Was nützt Ihnen alles Geld der Welt, der "Porsche Cayenne" in der Garage, wenn Sie eine gelbe Armbinde mit drei schwarzen Punkten tragen müssen oder als Benutzer des "Langstocks" durch die Gegend laufen ?
www.optikernetz.de: Herr Krinner, wir danken für das Gespräch.