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Pionierin der Brillenglasforschung: Marga Faulstich zum 110. Geburtstag
Am 16. Juni 1915 wurde in Weimar eine Frau geboren, die die Brillenwelt verändern sollte: Marga Faulstich. Ihr Name steht heute für rund 300 entwickelte optische Glastypen für Anwendungen in hochwertigen Kameraobjektiven, optischen Instrumenten, Brillengläsern und in der Faseroptik und über 40 Patente.

Faulstich wuchs ab 1922 in Jena auf, absolvierte dort das Realgymnasium mit Abitur und begann 1935 eine Ausbildung als wissenschaftliche Hilfskraft bei den Jenaer Glaswerken Schott & Gen.
Meilensteine in der Glasbeschichtung
Bereits in ihren Anfangsjahren forschte Faulstich an sogenannten „dünnen Schichten“. Das 1939 erteilte Patent für diese Technologie gilt als Basis für heutige entspiegelte Brillengläser, Sonnenschutzverglasungen oder Glasfassaden. Die Erkenntnisse ihrer Grundlagenforschung prägen noch heute die optische Industrie.
Berufung statt Beruf – und ein Leben für die Forschung
Der frühe Tod ihres Verlobten im Zweiten Weltkrieg führte dazu, dass sich Faulstich vollkommen ihrer Arbeit widmete. Sie begann ein Chemiestudium an der Universität Jena, konnte dieses jedoch wegen der Kriegswirren nicht abschließen. Nach dem Krieg gehörte sie zu den 41 Glasmachern, die von den Alliierten aus der sowjetischen in die amerikanische Besatzungszone gebracht wurden – ein strategischer Schritt zur Sicherung des Know-hows der Glasindustrie, bekannt als der „Zug der 41 Glasmacher“.
Wegbereiterin in Mainz
Als das Schott-Werk in den 1950er-Jahren nach Mainz verlegt wurde, baute Faulstich dort ein neues Labor auf. Sie war die erste weibliche Führungskraft des Unternehmens und leitete 16 Jahre lang die Tiegelschmelze.
Ein Meilenstein war die Entwicklung des Leichtgewicht-Glases Schwerflint 64: Ein titanbasiertes Glas mit hoher Brechkraft und deutlich reduziertem Gewicht. Für diese Innovation erhielt Faulstich 1973 die IR-100-Medaille der US-amerikanischen Industrial Research Incorporation.
Die erste selbsttönende Sonnenbrille
Doch damit nicht genug: 1972 gelang Faulstich mit dem phototropen Glas eine weitere bahnbrechende Erfindung. Durch spezielle Metalloxide reagierte das Glas auf UV-Strahlung und tönte sich selbstständig – die Geburtsstunde der selbsttönenden Sonnenbrille.
Eine Frau mit Spitznamen und Format
Mit 1,58 Metern Körpergröße und beispielloser Durchsetzungskraft wurde Faulstich intern liebevoll „Kugelblitz“ genannt. Ihre Kollegen schätzten sie für ihre Hilfsbereitschaft und fachliche Autorität gleichermaßen. Erich Schott lobte sie in den 1960er-Jahren für ihre Leitungskraft mit „männlicher Energie“ – ein Ausdruck der damaligen Zeit, der vor allem ihre außergewöhnliche Stellung im männerdominierten Umfeld betont.
Vermächtnis einer Pionierin
Nach 44 Jahren bei Schott trat Marga Faulstich 1979 in den Ruhestand. Sie verstarb am 1. Februar 1998 in Mainz im Alter von 82 Jahren.
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