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Analyse von Blickbewegungen: neue Erkenntnisse
Ob Menschen die Augen- oder die Mundpartie in einem Gesicht fixieren, hängt mit ihrem allgemeinen Blickverhalten und nicht mit dem Sozialverhalten zusammen. Das teilte die Justus-Liebig-Universität Gießen in einer Presseinformation mit.

Menschen betrachten Gesichter auf individuelle Weise. Manche neigen dazu,
die Augen zu fokussieren, andere die Mitte des Gesichts oder die Mundpartie.
Bisher brachten Psychologinnen und Psychologen solche Vorlieben in Zusammenhang
mit Aspekten des Sozialverhaltens. So können soziale Angst oder
Autismusspektrumsstörungen zur Vermeidung von Blickkontakt führen. So heißt es
weiter in der Presseinformation. Nun entdeckten Forschende der
Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) einen überraschenden Zusammenhang: Die
individuelle Art, Gesichter zu betrachten, hängt damit zusammen, wie wir auf
Objekte schauen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeichneten Blickbewegungen
hunderter Freiwilliger auf, die Bilder alltäglicher Szenen betrachteten. Dies
ermöglichte die Analyse von über 1,8 Millionen Blickbewegungen, die auf
Gesichter oder unbelebte Objekte fielen. Dabei zeigte sich ein unerwarteter
Zusammenhang: Teilnehmende, die dazu neigten, die Augenpartie zu fokussieren,
also auf den oberen Teil eines Gesichts zu schauen, richteten ihre Blicke auch
höher auf unbelebte Objekte. Wer häufiger in die Augen blickte, schaute also
auch auf höhere Bereiche einer Dose Cola oder Leuchtreklame. Bei Menschen, die
dazu neigten, die Mundpartie zu fixieren, war es genau umgekehrt.
Maximilian Broda, Erstautor der Studie und Doktorand in der Abteilung für
Allgemeine Psychologie der JLU, erklärt: „Unsere Teilnehmenden unterschieden
sich zuverlässig in der Eigenschaft höher oder niedriger auf alle möglichen
Arten von Objekten zu schauen. Anders als bisher gedacht, galt das nicht nur
für Gesichter.“ Sein Doktorvater Prof. Ben de Haas, Ph.D., ergänzt: „Noch
wissen wir nicht, warum manche Menschen höhere Bereiche fixieren als andere.
Vermutlich stehen im Hintergrund aber ganz grundlegende Mechanismen der
individuellen Biologie.“ Aktuell prüfen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
zum Beispiel, welche Rolle die visuelle Auflösung in verschiedenen Bereichen
der Netzhaut dabei spielt.
Die Ergebnisse der Studie sind im renommierten Fachjournal PNAS erschienen.
Hier die Literaturangabe:
Maximilian Davide Broda and
Benjamin de Haas: Individual differences in human gaze behavior generalize from
faces to objects. Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) Vol.
121 | No. 12, online veröffentlicht am 12. März 2024
www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2322149121
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