Gleitsichtbrillen aus dem Internet weisen nachteilige Eigenschaften im Straßenverkehr auf
In der vorläufigen Entscheidung über einen Antrag des Zentralverbandes der Augenoptiker (ZVA) gegen die Tchibo GmbH (Hamburg) wies das Landgericht Hamburg darauf hin, dass es zulässig ist, Internet-Gleitsichtbrillen anzubieten und zu bewerben, dass dies allerdings nicht mit vollmundigen Anpreisungen wie „hochwertig“ oder „in Optiker-Qualität“ geschehen dürfe. In der Begründung des noch nicht rechtskräftigen Urteils vom 22.02.2013 heißt es weiter, dass Verbraucher darauf hingewiesen werden müssen, dass über das Internet bezogene Gleitsichtbrillen im Straßenverkehr zu einer Gefahr werden können.
Das Gericht erklärte seine im Eilverfahren getroffenen Aussagen damit, dass die im Internet zu erwerbenden Gleitsichtbrillen nur auf einer sehr schmalen Datenbasis gefertigt werden – anders als die der stationären Augenoptiker. Bei der Werbeaussage „Optiker-Qualität“ werde der Verbraucher annehmen, dass in die von ihm bestellbare „individuelle Gleitsichtbrille“ dieselben Optikerleistungen einfließen, die auch bei einem stationären Optiker erbracht werden, meinten die Richter. Dabei werde der Verbraucher aber nicht von einer mangelhaften Leistung des stationären Augenoptikers ausgehen, sondern eine optimale „Optiker-Leistung“ zugrunde legen. „Diese Vorstellungen entsprechen nicht der Wirklichkeit“, so die Richter. Wer dennoch in dieser Art für Internet-Gleitsichtbrillen werbe, handele deshalb wettbewerbswidrig, heißt es in der Begründung des Landgerichts weiter.
Abschließend fordern die Richter, dass Anbieter von Internetbrillen in der Werbung darauf hinweisen müssten, dass die Benutzung dieser Brillen im Straßenverkehr eine Gefahr darstellen können. Auf eine solche nachteilige Eigenschaft der Brillen müsse hingewiesen werden.
Mit dem Urteil aus Hamburg wird sicherlich noch nicht das letzte Wort zum Thema Internetvertrieb von Korrektionsbrillen gesprochen worden sein. Zum einen handelt es sich hier „nur“ um eine vorläufige Entscheidung in einem Eilverfahren. Zum anderen gibt es noch viele offene Fragen.
Allerdings scheinen auch die Gerichte erkannt zu haben, dass Brillen, die auf einer zu schmalen Datenbasis hergestellt und über das Internet abgegeben werden, qualitativ wesentlich schlechter sind als fachgerecht hergestellte Brillen vom stationären Augenoptiker. Dies haben sowohl dieses Urteil gegen Tchibo, das Urteil des Landgerichts Kiel vom 30.10.2012 gegen Lensbest, als auch die Ausführungen der Richter vom Landgericht Köln in der mündlichen Verhandlung im Verfahren gegen Brille 24 Anfang 2011 gezeigt. Hier zeichnet sich für künftige Verfahren eine gewisse Tendenz ab, auch wenn die beiden vorgenannten Urteile für andere Gerichte und für andere Internetanbieter nicht verbindlich sind.
Gerichtlich noch nicht geklärt ist die Frage, ob die Auswirkung der Brillen auf die Gesundheit der Kunden so gravierend sind, dass ein Vertriebsverbot gerechtfertigt ist. Diese Frage ist aber so komplex und ihre Beantwortung so folgenreich, dass ein Eilverfahren zur Klärung nicht geeignet sein dürfte. In Betracht kommt wohl nur ein teures und mehrere Jahre dauerndes Klageverfahren, was in einem Grundsatzurteil mündet.
Über die weitere Vorgehensweise wird nun voraussichtlich der ZVA-Vorstand auf seiner kommenden Sitzung am 09.03.2013 in Jena entscheiden.