Das erste Spiel hat die deutsche Nationalmannschaft bereits sehr erfolgreich hinter sich gebracht. Weitere – hoffentlich viele – werden folgen. Wie sieht es aber nun aus, wenn die Spiele in die reguläre Arbeitszeit fallen?
Der Spagat zwischen den Wünschen von Fußballfans auf Verfolgung zumindest der wichtigen Spiele und den Arbeitserfordernissen im jeweiligen Job dürfte in nicht wenigen Fällen zu Differenzen führen, zumindest dann, wenn der Chef kein ausgewiesener Fußballfan ist. Ein Vorteil ist in diesem Jahr die Zeitverschiebung von 4-6 Stunden zwischen Deutschland und den drei brasilianischen Zeitzonen. Vor 18:00 Uhr unserer Zeit wird kaum ein Spiel angepfiffen, aber nicht jeder Arbeitnehmer wird pünktlich um 18:00 Uhr zuhause oder beim Public-Viewing sein können. Grundsätzlich ist es deshalb kein Fehler, sich mit der objektiven Rechtslage im Spannungsverhältnis Fußball und Arbeitspflichten vertraut zu machen. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts das Ansehen von Fußballspielen im Fernsehen während der Arbeitszeit verbieten. Ist dem Arbeitnehmer die private Nutzung des Internets gestattet, so dürfen Fußball-Fans wohl hin und wieder einen Blick auf den Liveticker riskieren, ohne ihre arbeitsrechtlichen Verpflichtungen zu verletzen. Längeres Fernsehen ohne ausdrückliche Zustimmung des Chefs ist aber nicht zulässig. Wer auf Fußball unter keinen Umständen verzichten will, muss entweder mit seinem Arbeitgeber rechtzeitig Vereinbarungen treffen oder aber Urlaub beantragen. Nach § 1 Absatz 1 BUrlG sind die Wünsche des Arbeitnehmers insofern grundsätzlich zu beachten. In dringenden Fällen oder wenn zu viele Arbeitnehmer gleichzeitig Urlaub beantragen, ist aber auch der Urlaubsantrag kein sicherer Weg. Anlässlich der Fußball-WM 2010 hatte das ArbG Frankfurt einen Fall zu entscheiden, in dem ein Finanzdienstleistungsunternehmen seinem aus Kamerun stammenden Mitarbeiter unter anderem mit der Begründung kündigte, dieser habe während seiner Arbeitszeit ohne Erlaubnis am Kundenschalter des Unternehmens einen mitgebrachten tragbaren Fernseher aufgestellt und ein Fußballspiel angeschaut. Nach Auffassung des Arbeitgebers war das Arbeitszeitbetrug. Das ArbG ließ aber weder die erklärte fristlose noch die fristgerechte Kündigung durchgehen. Nach Auffassung des ArbG rechtfertigt das erstmalige Ansehen eines Fußballspiels während einer Fußball-WM nicht die Annahme eines wichtigen Kündigungsgrundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB. Während einer WM ist nach Auffassung des ArbG das Ansehen eines Spiels sozialadäquat, auch wenn es eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten darstelle. Diese wiege aber nicht so schwer, dass dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten sei. Unter Hinweis auf die gesellschaftliche Bedeutung des Fußballs wies das ArbG auch die ordentliche Kündigung zurück. Der Arbeitnehmer habe sich zwar arbeitsrechtswidrig verhalten, dies rechtfertige eine verhaltensbedingte Kündigung aber nicht ohne vorherige Abmahnung, die im entschiedenen Fall nicht erteilt worden war (ArbG Frankfurt, Urteil v. 9. 2. 2011, 7 Ca 4868/10). Auch die deutschlandweit angeordnete Erlaubnis zum Public Viewing bis in die späten Abendstunden, die allgemein übliche Abstinenz der Polizei bei nächtlichen Autokorsos nach einem gewonnenen Spiel und nicht zuletzt das vielerorts anzutreffende Einvernehmen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über Fußball und Arbeit zeigen, dass während der WM auch rechtlich einiges anders und lockerer gesehen wird als sonst – und das ist gut so.