Vor wenigen Wochen ging eine aufsehenerregende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) durch die Medien: Einer Witwe steht der Urlaubsanspruch Ihres verstorbenen Ehemannes zu. Der Arbeitgeber muss zahlen. Wie kann man als Arbeitgeber in unserer Branche solchen nun möglichen Forderungen vorbeugen?
Zunächst einmal zum Urteil selbst: Bisher galt an Deutschen Gerichten der an und für sich logische, wenn auch etwas makaber anmutende Grundsatz „Wer nicht mehr lebt, braucht auch keinen Urlaub mehr“. Der EuGH aber schloss sich dieser herrschenden Meinung nicht an, als er über den Urlaubsanspruch eines Verstorbenen zu entscheiden hatte. Der Urlaub muss nun an die Witwe des Arbeitnehmers ausgezahlt werden. Der EuGH argumentierte, dass nationale Gesetze oder Gepflogenheiten, wonach der "Urlaubsanspruch untergeht", wenn der Arbeitnehmer stirbt, mit dem EU-Recht nicht vereinbar seien.
Der Verstorbene war langjähriger Mitarbeiter eines Lebensmittelhändlers. 2009 erkrankte er schwer und konnte deshalb nur wenig Urlaub nehmen. Kurz vor seinem Tod im Jahr 2010 setzte er seine Frau als Alleinerbin ein. Sie forderte vom Arbeitgeber Geld für den Urlaub, den ihr Mann nicht mehr hatte nehmen können. Der „Resturlaub“ belief sich auf sage und schreibe 140,5 Tage!
Das Arbeitsgericht in Hamm wies die Klage im Jahr 2011 ab. Als die Frau in Berufung ging, legten die Richter das Urteil dem EuGH vor mit der Frage, ob die deutschen Regelungen EU-kompatibel sind. Am EuGH betont man, der Anspruch auf bezahlten Urlaub sei "ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts". Ein Arbeitnehmer habe auch dann Anspruch auf bezahlten Urlaub, wenn dieser vor dem Verlassen eines Unternehmens angefallen ist. Auch wer wegen einer Krankheit gar keinen Urlaub nehmen könne, habe ein Recht auf einen finanziellen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub, wenn das Arbeitsverhältnis endet, selbst wenn die Beendigung durch Tod ausgelöst werde. Der Eintritt des Todes des Arbeitnehmers darf nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen.
Der EuGH schob zudem der nicht fernliegenden Idee, eine finanzielle Abgeltung nur auf Antrag zu ermöglichen, einen Riegel vor: Derlei Anträge wirkten sich nicht auf den Urlaubsanspruch aus. Achten Sie als Arbeitgeber daher in Ihrem eigenen Interesse darauf, …
- dass Ihre Arbeitsverträge eindeutig interpretierbar sind,
- dass sich keine signifikanten Urlaubsansprüche aufbauen, die zu hohen Zahlungen führen können, und, natürlich,
- dass Ihre Mitarbeiter gesund bleiben.
Dazu zählt insbesondere, dass sich die Angestellten sich im Arbeitsalltag keinen vermeidbaren gesundheitlichen Risiken aussetzen und dass man ihnen ermöglicht, eine der betrieblichen Situation angemessene Work-Life-Balance zu wahren. Eine gesunde Lebensweise des Inhabers färbt übrigens auch auf die Angestellten ab. Gehen Sie also mit gutem Beispiel voran! Natürlich kann man mit alledem keinen Schicksalsschlägen vorbeugen, aber die einen oder anderen Fehlzeiten vereiteln, die den Abbau von Urlaubstagen stören könnten.