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Entdeckung der „Zell-Extrusion“ als neuen potentiellen Mechanismus für neurodegenerative Erkrankungen der Netzhaut

Wie einer Pressemitteilung der Technischen Universität Dresden zu entnehmen ist, sterben Sehzellen in der menschlichen Netzhaut…
28. Dezember 2022

Wie einer Pressemitteilung der Technischen Universität Dresden zu entnehmen ist, sterben Sehzellen in der menschlichen Netzhaut bei einigen Erkrankungen, wie der Altersbedingten Makuladegeneration (AMD), möglicherweise nicht einfach ab, sondern werden zuvor mechanisch aus dem Gewebe befördert. Optikernetz fasst Ihnen die wichtigsten Punkte der umfassenden Meldung zusammen.

„Dieses Prinzip, das als Zell-Extrusion bezeichnet wird, wurde bislang noch nicht bei neurodegenerativen Erkrankungen untersucht“, sagt Prof. Dr. Mike Karl, der die Forschungsgruppe leitet, die sich aus Forschenden vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und vom Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD) an der TU Dresden zusammensetzt. Das Umweltforschungszentrum Leipzig (UFZ) sei ebenfalls beteiligt.

„Das war der Ausgangspunkt für unser Forschungsprojekt: Wir haben beobachtet, dass Photorezeptoren verloren gehen, konnten aber in der Netzhaut keinen Zelltod feststellen“, erklärt Mike Karl, der am Dresdner Standort des DZNE und am CRTD tätig ist. „Die Hälfte aller Photorezeptoren ist innerhalb von zehn Tagen aus dem Netzhaut-Organoid verschwunden, aber offenkundig sind sie nicht in der Netzhaut gestorben. Das hat uns neugierig gemacht.“

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler machten sich bei dem Forschungsprojekt eine Technik zunutze, die sie zuvor entwickelt haben: Sie arbeiten mit sogenannten Netzhaut-Organoiden - einem organartigen, dreidimensionalen Modell der menschlichen Netzhaut, das aus menschlichen Stammzellen im Labor gezüchtet wird. Diese Organoide weisen einige spezifische Merkmale der menschlichen Makula auf. Das Team fand heraus, dass zwei Substanzen die bei verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen zuvor beschrieben wurden -– die Proteine HBEGF und TNF – ausreichen, um eine Degeneration im Netzhaut-Organoid auszulösen. Während dieses Prozesses filmten die Forschenden die Organoide in Echtzeit; das sogenannte Live-Imaging gilt als Goldstandard, um Veränderungen von Zellen zu verfolgen. „Wir konnten die Degeneration von Photorezeptoren durch die Zell-Extrusion im Labor aufzeichnen“, sagt Mike Karl. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, dass diese Extrusion durch Aktivierung des Proteins PIEZO1 ausgelöst wird, einem Sensor für biomechanische Kräfte.

Dank der Organoide konnte er mit seinem Team die Prozesse gewissermaßen im Zeitraffer beobachten: Während es bei AMD-Patientinnen und -Patienten mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte dauert, bis Photorezeptoren verschwinden, konnte dieser Prozess im Labor jetzt in nur 40 Tagen nachvollzogen werden.

Im nächsten Schritt wollen die Forschenden jetzt herausfinden, ob dieser Mechanismus in der Netzhaut beim Patienten genauso auftritt wie in den Organoiden. Erste Daten und viele inhaltliche Übereinstimmungen legen nahe, dass es sich um den gleichen Mechanismus handeln könnte, aber der Beweis steht noch aus.

In ihrer Studie stellten die Dresdner Forschenden auch fest, dass sich die Extrusion unter Laborbedingungen im Modell verhindern lässt, wenn experimentelle Substanzen zum Einsatz kommen: Mit einem speziellen Schlangengift haben sie den Mechanosensor PIEZO1 auf den Zellen blockiert. In der Folge wurden nicht nur die Photorezeptoren nicht ausgestoßen, sondern auch weitere krankhafte Veränderungen in der Netzhaut verhindert. „Das macht Hoffnung auf die Entwicklung künftiger präventiver und therapeutischer Behandlungen für komplexe neurodegenerative Erkrankungen wie der AMD“, bilanziert Mike Karl.

Wie es in der Meldung der Technischen Universität Dresden zudem heißt, gab es bereits eine Veröffentlichung in dem Fachjournal "Nature Communications".

Optikernetz blickt gespannt auf die weiteren Entwicklungen und bleibt für Sie am Thema dran.

Quelle: Technische Universität Dresden via idw-online.de; Bild: Völkner et al., Nat. Comm., 2022, via idw-online.de

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