Auch in diesem Jahr war der Verbandstag des Augenoptikerverbandes NRW ein großer Erfolg. Rund 600 Gäste kamen am 16. und 17. November nach Gladbeck und folgten den Vorträgen hochkarätiger Referenten.
Den diesjährigen Eröffnungsvortrag hielt Professor Michael Eilfort, Vorstand der Stiftung Marktwirtschaft, Berlin. Unter dem Motto „Soziale Marktwirtschaft – Exportschlager oder Auslaufmodell?“ ging er auf die aktuelle wirtschaftliche Lage in Deutschland ein. Die Wirtschaftsweisen haben es gerade wieder bestätigt: Deutschland geht es gut: 1,6 Prozent Wirtschaftswachstum im nächsten Jahr, Rekordzahlen bei Beschäftigung, Steuereinnahmen und Sozialleistungen. Aber – so Eilfort – die Soziale Marktwirtschaft und ihre bewährten Prinzipien werden ausgehöhlt. Die Schuldenbremse wirkt noch nicht richtig, da winken schon neue Lasten für Deutschland: Transfers nach Europa und Folgekosten des demografischen Wandels. Bildung und Infrastruktur bleiben auf der Strecke, Innovationen auch. Reformen gibt es nicht, das Land ruht sich aus und diskutiert im Rahmen der Koalitionsverhandlungen über die Rücknahme von Teilen der Agenda 2010.
Thomas Heimbach, Vorsitzender des Augenoptikerverbandes NRW, führte wieder einmal sehr professionell durch den ersten Veranstaltungstag. Unter dem Titel „Die Branche im Blick“ erläuterte Heimbach die aktuellen Entwicklungen in der Augenoptik und ordnete die neuesten Branchenzahlen in den Gesamtzusammenhang ein.
Zuvor wurden aber noch zwei wichtige Persönlichkeiten in der Augenoptik geehrt. Joachim Goerdt, der nach über 30 Jahren beim ZVA am Ende dieses Jahres in den wohlverdienten Ruhestand geht. Die Laudatio auf seine erfolgreiche Zeit als Geschäftsführer des ZVA hielt Gerd-Kurt Schwieren, der es verstand, die Leistungen und Verdienste von Goerdt in launigen Versen und aussagekräftiger Prosa darzustellen. Für seine Verdienste rund um die Augenoptik wurde Goerdt die Ehrennadel des Augenoptikverbandes verliehen. Geehrt wurde im Rahmen des Verbandstags auch Augenoptikermeister Michael Beckmann, Leiter des überbetrieblichen Ausbildungszentrums Dortmund, der seit nunmehr 40 Jahren sehr erfolgreich in Sachen Ausbildung unterwegs ist.
Christian Müller, Vizepräsident des Zentralverbandes der Augenoptiker, führte in seinem Grußwort an die zahlreich erschienenen Gäste aus, wie vielfältig und vielschichtig die Themen sind, mit denen sich ZVA und Landesverband beschäftigen. Und immer gilt es Stellung zu beziehen und sich für den Berufsstand zu engagieren.
Einen sehr interessanten und engagierten Vortrag hielt Ludwig Krinner, Augenoptikermeister aus Niederbayern, zum immer wichtiger werdenden Thema „interdisziplinäre Netzwerke“. Die steigenden Sehanforderungen in Alltag, Beruf und Freizeit erfordern neue Sichtweisen. Ganzheitliche Problemlösungen können selten im Alleingang erreicht werden. Nur wer Kontakte in einem interdisziplinären Netzwerk unterhält und gemeinsam mit anderen Sparten der Gesundheitsbranche zusammenarbeitet, kann seine Kunden erfolgreich unterstützen. Laut Krinner hätten auch andere Gesundheitshandwerke bemerkt, dass Brillenglaskorrektion, die Versorgung mit Kontaktlinsen wie auch erfolgte refraktive Eingriffe am Auge Einfluss auf ihre Arbeit hätten.
Martin Groß ist Augenoptikermeister, Unternehmensberater und Trainer. Er weiß wovon er spricht, wenn er sein spezielles Verkaufskonzept für die Augenoptik vorstellt. Mitreißend und kurzweilig hielt er den anwesenden Augenoptikern den Spiegel vors Gesicht und erinnerte sie eindringlich daran, dass gute Verkäufer nicht vom Himmel fallen. Verkaufen muss trainiert werden und das immer wieder. Kunden wollen beraten werden – beraten werden von Augenoptikern, die ihnen selbstbewusst gegenüber treten und von ihrem Produkt überzeugt sind.
Zu später Stunde trat am Ende des ersten Tages Professor Peter Nieschmidt auf die Bühne. Bereits nach wenigen Minuten hatte er die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Zuhörer. Interessanter und anspruchsvoller hätte man das Thema „Arbeiten und Führung im Wandel“ kaum darstellen können. Die Zuhörer dankten es ihm nach über einer Stunde mit Standing Ovations.
Christian Müller, Stellvertretender Vorsitzender des Augenoptikerverbandes NRW, begrüßte am Sonntagmorgen die zahlreichen Besucher des Verbandstages und führte kompetent durch den zweiten Veranstaltungstag.
Kommunikationsberater Jörg Domhöfer präsentierte ein Projekt der Innung Arnsberg, das Betriebe darin unterstützen soll, sich marketingstrategisch besser aufzustellen. Bislang wurden dazu 20 Betriebe analysiert und mit strategischen Verbesserungsvorschlägen ausgestattet.
Alles online oder was!? Dr. Kai Hudetz beschäftigte sich in seinem Vortrag mit der Augenoptik im digitalen Zeitalter. Das Internet hat das Verhalten der Konsumenten radikal verändert. Die Online-Umsätze steigen stetig an, Internet-Informationsquellen sind auch bei stationären Käufen häufig entscheidend. Auch die Branche der Augenoptik bleibt davon nicht verschont. Was tun? Hudetz rät den Anwesenden hier professionell und zielgruppenorientiert zu arbeiten. Eine eigene Homepage ist das „Gesicht zum Kunden“. Nur wenn sie gut ist, holt sie den Kunden in das Geschäft. So lässt sich das stationäre Geschäft mit dem Online-Handel verknüpfen. Sein praktischer Tipp an alle Anwesenden: “Bieten Sie eine Online-Terminvergabe an.“
Fachlich hochinteressant wurde es im nachfolgenden Vortrag von Wolfgang Cagnolati, Optometrist, MS (USA), einem ausgewiesenen Experten seines Fachs. Er referierte über die „Beurteilung der zentralen und peripheren Netzhaut mit Hilfe des optomap-Ultra-Weitwinkel Netzhaut Bildgebungssystems. Das Ziel der Beurteilung des hinteren Augenabschnitts durch Optometristen besteht darin, Auffälligkeiten zu erkennen, die gegebenenfalls einer weiteren Abklärung durch einen Ophthalmologen bedürfen. Mit Hilfe der optomap-Ultra-Weitwinkel-Technologie ist es nun möglich mehr als 80 Prozent der Netzhaut zu beurteilen. In seinem Vortrag beschrieb Cagnolati die Grundlagen dieses Systems und diskutierte darauf aufbauend zentrale und periphere Veränderungen des hinteren Augenabschnitts.
Dr. Wolfgang Wesemann von der Höheren Fachschule für Augenoptik, Köln, referierte über die Ergebnisse einer neuen wissenschaftlichen Untersuchung zur Fehlsichtigkeit in Deutschland. In den letzten Jahren hat man festgestellt, dass sich die Kurzsichtigkeit in vielen Ländern auch im Erwachsenenalter noch verschlimmert. Das gab es früher so nicht. Ob man in Zukunft auch in Deutschland mit einem Anstieg der Myopie nach dem 18. Lebensjahr rechnen muss, ist derzeit nicht bekannt. Dr. Wesemann berichtete über die Ergebnisse der Studie, in der die Fehlsichtigkeit von über 50.000 Personen analysiert wurde. Durch die große Zahl der Personen erhält man detaillierte Informationen über die Veränderungen der Verteilung mit dem Alter. Aus den erhobenen Daten lässt sich laut Wesemann erstmals belastbar herleiten, dass nur wenige Menschen mit einer Fertigbrille gut sehen können – für das Fachpublikum keine große Überraschung.
Mit einer großen Diskussionsrunde zum Thema „Mehrverkauf“ schloss der 34. Verbandstag am Sonntagnachmittag. Vertreter von Rodenstock, Hoya, Zeiss und Essilor diskutierten angeregt mit der Augenoptikermeisterin und Marketingberaterin Andrea Sperber über Wunsch und Wirklichkeit vom Brillen-Mehrverkauf. Professionell moderiert von Thomas Heimbach.
Viel Lob von allen Seiten gab es am Ende der zwei Verbandstage. Die knapp 600 Gäste sparten nicht mit Applaus für das attraktive Veranstaltungsprogramm und die überaus gelungene Organisation des Wochenendes in Gladbeck. Auch die umfassende Industrieausstellung fand – zur Zufriedenheit der Aussteller – viele interessierte Besucher.
Der nächste Verbandstag kommt bestimmt. Im kommenden Jahr werden die Veranstalter wieder alles tun, um ein interessantes Programm anbieten zu können. Ein Besuch lohnt sich!